Gewerbegebiet "in den Milben" und Gemeindeentwicklung als Ganzes betrachten und zeitgemäß gestalten: Hierfür bedarf es Strategien und Konzepte
Die Planungen für das neue Gewerbegebiet dauern nunmehr schon seit rund vier Jahren an. Dies hat unter anderem mit den komplizierten Grundstücks- und Eigentumsverhältnissen im Plangebiet zu tun. Auch müssen aufwendige Boden- und artenschutzrechtliche Untersuchungen durchgeführt werden. All das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, auch im Hinblick auf das geplante HLZ. Im gesamten Zeitraum wurden im Gemeinderat immer wieder ausführliche Beratungen und etliche Beschlüsse zu gefasst, vor allem in Bezug auf die Ausgestaltung des Plangebiets und welche Art von Gebäudetypen zukünftig realisiert werden können. Nun ist es nach Auffassung der CDU-Fraktion höchste Zeit auch über die wirtschaftlichen und finanziellen Aspekte und Gestaltungsspielräume für die Gemeinde in diesem Zusammenhang nachzudenken und Konzepte auf den Weg zu bringen. Eine ganzheitliche Bilanzierung des Gebiets gehört für die CDU zwingend dazu.
Dass Gewerbegebiete nicht nur für die ortsansässigen Unternehmen, sondern auch für Kommunen von zentraler Bedeutung sind ist unbestritten. Also, wie soll dieses Gewerbegebiet nun konkret entwickelt werden? Bislang ist es so, dass die Verwaltung bei den ortsansässigen Unternehmen angefragt hat, welche Flächenbedarfe bestehen um bei möglichen Expansionswünschen der Unternehmen die Möglichkeit zu geben, vor Ort zu bleiben, damit die Gemeinde weiterhin Gewerbesteuern einnimmt. So weit, so gut. Die Frage wird also sein, ob es gelingen wird ansässige Unternehmen hier zu halten und vielleicht noch zusätzliche hinzuzugewinnen um das Steueraufkommen zu erhöhen. Die Flächen des neuen Gewerbegebiets befinden sich größtenteils leider nicht im Eigentum der Gemeinde. Somit sind Gewinne aus Grundstücksverkäufen wie bei geplanten Wohngebieten hier nicht zu erwarten. Demnach bleibt nur die Gewerbesteuer für die Gemeinde. Darum ist es uns ein wichtiges Anliegen zu überlegen, welche zusätzlichen zahlungskräftigen Unternehmen noch angesiedelt werden könnten, um dringend benötigten Einnahmen zu ermöglichen. Dies setzt jedoch voraus zu wissen, wie viel Fläche für externe Unternehmen überhaupt noch zur Verfügung steht, nachdem die ortsansässigen Unternehmen bedient wurden.
Zusätzlich regen wir an über Möglichkeiten interkommunaler Zusammenarbeit nachzudenken, da unsere Gemeinde in Summe über wenig Gewerbeflächen verfügt. So besteht schon heute die Möglichkeit mit Nachbarkommunen Verträge über die Aufteilung von projektbezogenen Gewerbesteuereinnahmen zu schließen, die es den beteiligten Kommunen erlauben, je nach individueller Flächenverfügbarkeit und politischen Rahmenbedingungen, in unterschiedlichen Bereichen planerisch aktiv zu werden; quasi als eine Art Arbeitsteilung.
So besteht z.B. für unsere Gemeinde die Möglichkeit im Bereich Wohnungsbau aktiver zu werden, da die Gemeinde noch immer über erhebliche Wohnbauflächen verfügt um damit andere Kommunen rechnerisch zu entlasten und sich dies vergüten zu lassen. Umgekehrt verfügen andere Kommunen über reichlich Potenzialflächen für Gewerbeansiedlung. Durch ein vertragliches Regelwerk, in dem ein festgelegtes Tauschverfahren vereinbart würde, wäre es den beteiligten Kommunen möglich einen Interessensausgleich zwischen ihnen zum individuellen Vorteil aller umzusetzen.
Dies hätte den Vorteil, dass unsere Gemeinde auch zukünftig ohne Ausweisung von neuen Gewerbegebieten in den Genuss von mehr Gewerbesteuereinnahmen kommen würde.
Durch interkommunalen Verträge kann sich die Gemeinde Einnahmen aus Gewerbegebieten jenseits ihrer Gemarkungsgrenze sichern sowie zusätzliche Infrastrukturkosten, bedingt durch vermehrten Wohnungsbau, wie z.B. für neue Kindergärten, im Gegenzug von diesen Kommunen bezuschussen lassen und dadurch Ausgaben senken bei gleichzeitigen Einnahmenerhöhungen, durch vermehrte Einkommensteuer- und Gewerbesteueranteile sowie Grundstücksverkäufen. Dieses vielversprechende Modell der interkommunalen Kooperation findet bereits heute erfolgreich, sowohl in ländlichen Räumen wie auch in Ballungszentren, Anwendung.
Auch möchten wir Möglichkeiten für ein Gründerzentrum mit Coworking-Möglichkeiten (Gemeinschaftsbüros) ernsthaft diskutieren. Dies wäre auch im Rahmen von Umnutzungen Bestandsflächen und -gebäuden im innerörtlichen Bereich denkbar. Arbeitsplätze die nicht verkehrs- und lärmintensiv sind, ließen sich ebenfalls im Bestand, wie z.B. Neckarhausen-Nord integrieren. Dies hätte den Vorteil Wohnen und Arbeiten enger zusammenzuführen, Verkehr zu reduzieren, Energie, Zeit und Geld zu sparen. Die zukünftige Versorgung mit Glasfaser im Gewerbegebiet und im Ortsteil Neckarhausen ist hierfür ein weiterer wichtiger Standortvorteil.
In Zeiten von Flächenknappheit und Klimawandel ist es wichtiger denn je über regionale Lösungen durch Vernetzung nachzudenken um in Summe mehr Effizienz, niedrigere Kosten und höhere Einnahmen zu erzielen. Die Zeiten in denen jede Gemeinde ohne wirkliche Einbeziehung ihres regionalen Umfelds Wohn- und Gewerbegebiete plant - oder auch nicht plant - sind nicht mehr zeitgemäß, sondern ein Relikt des 19. Und 20. Jahrhunderts.
(LS)