Aus aktuellem Anlass zur Situation in Afghanistan: Auswirkungen auch für Deutschland und Europa "Great Game" im 21. Jahrhundert
Die Geschichte wiederholt sich, jedenfalls in Teilen. Westliche Truppen verlassen fluchtartig dieses geschundene Land das seit Jahrzehnten unter Bürgerkrieg, Stellvertreterkrieg, ausländischen Invasionen und schier unendlichem Pein leidet. Die Bilder der in Panik fliehenden Menschen auf dem Kabuler Flughafen, die im Minutentakt abhebenden Militärhubscharuber vom Typ CH-47 Chinook, sowie die mit Mensch und Material hoffnungslos überfüllten C-17 Globemaster der US Airforce, wecken düstere Erinnerungen an die überstürzte und demütigende Operation „Frequent Wind“, im Jahre 1975, als die USA fluchtartig Saigon verließen.
Ebenso der Abzug der besiegten und gedemütigten Sowjets, die im Jahre 1989 nach einem langen und verlustreichen Partisanenkrieg aus Afghanistan vertrieben wurden, drängt sich wieder auf.
Westliche Politiker, Journalisten und Bürger reiben sich verwundert, mitunter entsetzt und besorgt die Augen und fragen sich, wie solch ein außen- und sicherheitspolitisches Desaster, bei all der militärischen Überlegenheit der NATO und der afghanischen Armee, der weltumspannenden technischen Möglichkeit nachrichtendienstlicher Aufklärung und schier grenzenlosen Militärbudgets, möglich sein kann. Wenn man all diese bestimmenden Faktoren zugrunde legt, ist es schier unmöglich, dass alle westlichen Regierungen plus alle ihnen direkt und indirekt verbundenen Regime der Region nichts von der Geschwindigkeit des Taliban-Vormarschs mitbekommen haben sollen. Was noch viel schlimmer ist, ist die Tatsache, dass die Deutschen und Europäer ohne amerikanische Unterstützung vollkommen blind und handlungsunfähig sind. Der Westen erlebt erneut ein Waterloo: Geo- und Machtpolitisch eine Niederlage historischen Ausmaßes. Nachdem nun schon Fernost-, Zentralasien, Afrika, der Maghreb und der Maschrek größtenteils dem europäischen und amerikanischen Einfluss entglitten sind, folgt nun auch dieser strategisch wichtige Teil Zentralasiens, Chorasan und Transoxanien. Regionalmächte, allen voran Pakistan, welches diesen Taliban-Feldzug maßgeblich geplant und umgesetzt hat, mit seiner neuen Schutzmacht China im Rücken, bestimmen nun endgültig die Agenda in der Region. Für Indien, den Westen aber auch für die arabischen Staaten, für Persien, die Türkei und Russland stellt dies ebenfalls einen Paradigmenwechsel dar. Neu Allianzen zeichnen sich am Horizont der Weltgeschichte ab. Nun hat China, mit seinen neuen Vasallen in Afghanistan, den ehemaligen Verbündeten und späteren Feinden der USA - den Taliban - die Karten in seinem Hinterhof neu gemischt.
(LS)